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Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Rückenschmerzen:
Bloß nicht ins Bett!
Meike Drießen, Pressestelle
Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS)
Behandlung
ist zu oft von gestern - Ärzte verordnen zu viel passive
Therapie
Rückenschmerzen
hat fast jeder einmal, und in den meisten Fällen sind
sie harmlos, kommen und gehen wir eine Erkältung. Die
besten Chancen auf schnelles Wohlbefinden haben Patienten,
die ganz normal weiterleben, sich bewegen und in der schlimmen
Phase höchstens kurzzeitig Schmerzmittel einnehmen.
Diese Erkenntnis schlägt sich zwar in den aktuellen
Behandlungsleitlinien nieder; Ärzte befolgen diese
allerdings nur selten, wie eine Heidelberger Studie zeigt.
Noch viel zu häufig werden Bettruhe, Spritzen, Wärme-
oder Kälteanwendungen als sog. passive Therapiemaßnahmen
verordnet,
auch Krankschreibungen sind an der Tagesordnung. Aufklärung
für Patienten und Fortbildungen für Ärzte
sind notwendig, folgern die Autoren. Die Ergebnisse sind
veröffentlicht in "Der Schmerz", dem offiziellen
Organ der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes
e.V. (DGSS).
Widerspruch
zu den aktuellen Leitlinien
Die
Forscher um Dr. Eva-Kristin Renker (Stiftung Orthopädische
Universitätsklinik Heidelberg) hatten 630 Rückenschmerzpatienten
in orthopädischen Praxen via Fragebogen befragt, einmal
vor der Behandlung und einmal sechs Monate später.
Es zeigte sich, dass neben Physiotherapie vor allem Ruhe/Bettruhe
und Spritzen verordnet wurden, oft kombiniert mit einer
Krankschreibung. Je höher der Chronifizierungsgrad,
desto mehr Therapien nahmen die Patienten parallel in Anspruch,
allerdings auch desto mehr passive. Diese Verordnungspraxis
steht in deutlichem Widerspruch zu den aktuellen Therapieempfehlungen,
die vor allem die Aufklärung des Patienten sowie die
Ermunterung zu Bewegung beinhalten.
Subjektiver
Eindruck trügt
Als
Gründe dafür nehmen die Autoren der Studie an,
dass Ärzte zum einen noch alten Therapieempfehlungen
nachhängen. Zum anderen zeigte die Befragung auch,
dass Patienten subjektiv den Eindruck haben, Ruhe helfe
am besten gegen ihre Schmerzen. Ihre Erwartungshaltung und
der Wunsch, ernst genommen zu werden, könnten dazu
führen, dass Ärzte, um den Patientenwünschen
nachzukommen, die Leitlinienempfehlungen vernachlässigen.
Dass der subjektive Eindruck einer Schmerzlinderung durch
passive Therapien nicht der Realität entspricht, zeigte
die Befragung nach sechs Monaten. Bei 66 Prozent der Patienten,
deren Schmerzen anfangs noch nicht chronisch gewesen waren,
verschlechterte sich die Lage. Bei über der Hälfte
der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen änderte
sich nichts an ihren Beschwerden, bei knapp 13 Prozent verschlechterten
sie sich sogar. Nur ein Drittel profitierte von der Behandlung.
Aufklärung
und Fortbildung sind nötig
Die
Autoren der Studie empfehlen daher Fortbildungen für
Ärzte und Informationen für die Bevölkerung
- immerhin gehen 18 Milliarden Euro der gesellschaftlichen
Kosten jedes Jahr auf das Konto von Rückenschmerzen.